Film: Ich habe getötet – Inhalt

Die Aussagen im Film „Ich habe getötet“

Wir finden die Dramaturgie und die Aussagen im Film äußerst wichtig. Es gibt nach unserer Kenntnis keinen Film, der es schafft, Jugendliche so zu bannen – obwohl die schmerzhaft langen Einstellungen und langsame Schnitte ihrem Sehverhalten völlig widersprechen.

Wir zeigten den Film immer wieder im Jugendarrest und beobachteten, wie Jugendliche, die teilweise auch wegen sexueller Gewalt einsaßen, sehr berührt waren. Einer sagte im Anschluss: „ich weiß jetzt erst, wie sich eine Frau fühlen muss, die vergewaltigt worden ist.“

In der Hauptsache geht es in dem Film jedoch um Krieg und Gewalt. Jugendlichen können ihre Gewaltphantasien verlieren, in denen sie sich selbst mit einer Kalaschnikow als stolze Krieger sehen. Davon haben die Veteranen und Veteraninnen so gar nichts an sich!

Arbeitshilfe zu „Ich habe getötet“

 

Melvin, 22 Jahre

Wenn ich kein Essen habe, nehme ich’s mir von ihnen. Ihr seid nicht einverstanden? Aber ich muss etwas essen! Und – ich habe für sie gekämpft.

 

Maud , 21 Jahre

Als der Krieg ausbrach, war ich 12 Jahre alt. Wir verließen unser Dorf. Wir waren zwei Tage und zwei Nächte auf der Flucht. Unterwegs riefen sie mich „Madussu“! Mama sagte: „Nein, meine Tochter ist nicht Madussu. Ich habe sie geboren. Sie ist nicht Madussu.“ Einer schlug meine Mutter und drohte: „Wenn ihr lügt, töte ich euch alle!“ Ein Mann schickte uns weg und wir liefen die ganze Nacht. Ich sagte meiner Mutter: „Wir kommen nicht weit, ich gehe mit den Soldaten!“ Am Morgen ging ich und sprang auf den ersten Lastwagen. So wurde ich Soldatin. Das ist alles.

 

Glasgow, 22 Jahre

Ich erinnere ich an den Tag, an die Stunde. Es war am Nachmittag. Am Morgen ruhen wir. Am Abend, wenn jeweils die Kämpfe begannen, waren alle bereit zu fliehen. Sie töteten meinen Vater. Ich weiß nichts von meiner Mutter, nur von meinem Vater. Sie sagten, er sei ein Mandingo. Wir konnten uns nicht wehren. Sie schnitte ihm die Kehle durch und warfen seinen Körper in die Gosse. Wir versteckten uns aus Angst, sie könnten auch uns für Mandingos halten und genauso abschlachten. Damals war ich klein.

 

Roberta, 21 Jahre

<< bleibt stumm >>

 

Josphine, 22 Jahre

Mit 8 Jahren verließ ich meine Schwestern. Mein Onkel brachte mich zur Schule. Als der Krieg ausbrach, verließ er mich. Ich schlug mich alleine durch. Ich ging hinter die Front. Sie nahmen mich gefangen. Sie quälten mich. Sie vergewaltigten mich. Es wurde zu gefährlich für mich, deshalb schloss ich mich ihnen an.

 

Melvin

Ich kämpfte im Krieg, um mein Land und mich zu schützen.

 

Maud

Jeden Morgen mussten wir kämpfen gehen. Sie gaben uns Munition und befahlen: „Heute geht ihr in diese Richtung und ihr in die andere.“ So hatten wir jeden Morgen etwas zu tun. Jeden Morgen hatten wir ein anderes Programm.

 

Glasgow

<< Fingerknacken >>

 

Josephine

Ich habe gekämpft und ich habe getötet. Ich kann mich nicht erinnern, ob Frauen, Männer oder Kinder. Meine Waffe war sehr kurz. Manchmal hatte ich eine Beretta.

 

Maud

Ich habe nie gesehen, dass ich jemand tötete. Ich habe immer nur geschossen. Aber ich war Soldatin, ich verwundete Menschen, und ich habe immer geschossen, wie automatisch. Ich dachte nie, dass ich tötete, aber ich habe gekämpft. Die Kugeln trafen meinen Freund, ganz nah bei mir. Sie erschossen ihn von hinten. Das Blut! Der ganze Rücken platzte, ich weiß nicht, welche Waffe ihn traf. Der ganze Rücken platzte auf und kochte. Wie Wasser auf dem Feuer. Sein Rücken kochte! Ich weinte. Wir brachten ihn ins Spital. Er starb. Seine Mutter kam und leckte seine Wunde, denn er war ihr einziges Kind. Sie kann keine Kinder mehr haben. So sah ich das erste Mal Blut.

 

Glasgow

Sie brachten uns Drogen und sagten, es hilft euch nachts gegen die Kälte. Andere nahmen Drogen zum Töten. Aus den Därmen der Getöteten machten sie Straßensperren. Sie sagten, hier ist kein Durchgang. Andere machten Wetten auf Bäuche. „Hier ist ein Knabe drin – nein, ein Mädchen!“ Sie gingen so weit, eine Schwangere zu töten, um nachzusehen, wer Recht hatte.

 

Josephine

Ich war sehr klein, als ich vergewaltigt wurde. Er war der Chef der Rebellen. Er sagte, er liebe mich so sehr, er könne mich nicht gehen lassen, er müsse mich vergewaltigen. Er tat es und drohte mit dem Gewehr, damit ich nicht schrie. Sonst würde er mich sofort töten. Er tat es, und ich bekam Schmerzen in meinem Magen, dass ich wünschte, er möge mich umbringen. Seither kann ich nicht mehr ruhig schlafen. Ich habe immer Schmerzen im Magen. Und bis heute habe ich Probleme damit. Ich war im Krankenhaus, aber immer noch habe ich diese Schmerzen. Denn ich war sehr klein, als er es tat. Ich bete, damit der Schmerz weggeht. Es ist ein Problem für mich.

 

Roberta

<< weint >> << bleibt stumm >>

 

Maud

Manchmal sagte er: „Captain Maud, diese Nacht schläfst du bei mir!“ Ich sagte: „Du bist mein Chef, aber Du kannst nicht über mich verfügen. Du kannst mich nicht zwingen.“ Er sagte: „Ich bin dein Chef. Du musst mit mir schlafen.“ Ich sagte: „Nein! Du hast ein Gewehr, ich habe ein Gewehr. Bevor du dies tust, lass mich sterben.“

 

Glasgow

Manchmal träume ich… ich flüchte mit meiner Familie, und sie holen meinen Vater. Ich schrecke im Bett auf. Mein Freund fragt: „Was ist los?“ Ich sage: „Nichts.“

 

Maud

Ich konnte nie schlafen. Ich war immer unterwegs. Manchmal zwei, drei Tage. Immer im Wald. Meine Haut ist voller Narben. Heute pflege ich mich mit Salben. Ich bin eine Frau und möchte nicht so aussehen. Immer war ich unterwegs. Seit der Krieg vorbei ist, habe ich Zeit zu schlafen. Ich schlafe den ganzen Tag.

 

Glasgow

Einmal – im Traum – kam mein Vater zu mir. Er sagte mir, ich solle mich nicht sorgen. Er werde alles für mich tun. In meinem Traum trug er sein bestes Kleid und einen Stock in der Hand. Er rief mich zu sich und hielt meine Hand. Er sagte: „Sorge dich nicht, es wird etwas werden aus dir, du bist mein Sohn.“

 

Maud

Die ganze Kriegszeit war ich ohne meine Mutter, ich war allein. Ich ernährte mich allein, tat alles allein.

 

Josphine

Ich bin allein und kämpfe mit meinen Kindern ums Überleben. Ich habe keine Unterstützung. Niemand hilft uns. Während ich hier sitze, sind sie ohne Essen, den ganzen Tag.

 

Maud

Ich leide immer noch. Nichts freut mich. Ich will niemanden sehen, auch nicht meine Familie. Weil – ich kann nichts, nicht mal schreiben. Alles wegen des Krieges. Ich habe dort meine Zeit vergeudet. Manchmal tut mir das alles sehr Leid. Ich habe meine Zeit vergeudet und jetzt leide ich. << weint >> Ich brauche Hilfe. Ich würde es nicht wieder tun. Ich würde für keinen Krieg mehr hier bleiben.

 

Josephine

Ich mache nichts. Ich gehe nicht zur Schule. Ich habe keine Arbeit. Ich sitze hier Tag und Nacht.

 

Maud

Manchmal besucht mich meine Mutter und weint. Sie fragt, weshalb ich mich nicht um sie kümmere. Ich sage: „Mama, das ist der Krieg, es ist nicht meine Schuld, ich war immer allein, nie mit Mutter und Vater.“ Ich tat immer alles allein. Manchmal weint sie.

 

Melvin

Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich mein Leben vorbeiziehen. Wie ich vieles allein unternahm, wie ich mit Freunden unterwegs war, wie wir vieles gemeinsam unternahmen. Heute bin ich blind und kann all das nie mehr tun.

 

Glasgow

Meine Zukunft war voller Licht. Aber jetzt nicht mehr. Heute liegt alles im Dunkeln. Ich hoffe auf jemanden, der mir hier wieder heraushilft.

 

Josephine

Wenn ich an meine Zukunft denke, ich wusste nie, was sie mir bringen wird. Heute glaube ich, es wird etwas Gutes geben, etwas Gutes wird kommen, in meiner Zukunft.